Was ist ESD?

Der Begriff ESD
Problem
Entstehung
Minimierung
Historie

Der Begriff ESD

Der Terminus „ESD“ ist die englische Abkürzung für „ElektroStaticDischarge“ und bezeichnet den Augenblick des Potentialausgleiches zwischen zwei unterschiedlich elektrostatisch aufgeladenen Körpern.

Je nach Ladungsmengenunterschied und Beschaffenheit der Körper ist diese Entladung für den Menschen erfahrbar oder nicht. Die Entladung in Form eines Gewitters können Menschen wahrnehmen, wohingegen eine Entladung auf Chipebene für unsere Sinne unsichtbar bleibt.

Problem

Elektronik macht das Leben komfortabel.

Sie steuert Mobilität, ermöglicht Kommunikation und rettet Leben. Der Einsatz von Elektronik ist heute selbstverständlich und allgegenwärtig. Navigationssysteme und ABS erhöhen die Sicherheit und den Komfort beim Autofahren. Modernste Elektronik sorgt für reibungslose Abläufe im Flugverkehr. Dutzende von Computern bilden an Bord das Gehirn des Flugzeugs.

Elektronische Bauteile sind heute aufgrund der Anforderungen an Energiesparsamkeit, Miniaturisierung und hohe Geschwindigkeit für Betriebsspannungen von einigen Volt ausgelegt. Als Beispiel laufen moderne USB-Geräte mit einer Betriebsspannung von 5V. Blaue LEDs aus Indiumgalliumnitrid (InGaN) sind laut Herstellerdatenblatt ab einer elektrostatischen Entladung von 50 V gefährdet.

ESD-Empfindlichkeiten von Bauteilen
elektrostatische Empfindlichkeit von Halbleitern

Üblicherweise sinkt die ESD-Empfindlichkeit je höher ein Gerät integriert ist. So ist das Bauteil allein sehr empfindlich. Die bestückte Leiterplatte sollte schon eine höhere Belastung vertragen können. Ist ein Gerät für den Gebrauch von Endkunden vorgesehen und entsprechend verschlossen, sollte es ungefährdet anwendungsbestimmt gehandhabt werden können.

Bauteil vor dem ESD-Event
Bauteil vor dem ESD-Event
Bauteil nach dem ESD-Event
Bauteil nach dem ESD-Event

Werden Bauteile jedoch mit Spannungen konfrontiert, die außerhalb ihrer Spezifikation liegen, droht eine Beschädigung oder Zerstörung. Je nach Fehlerbild spricht man dann von einem Schaden durch ESD oder EOS. Die Grenzen sind hier fließend. Oftmals folgen Schäden durch EOS einem vorhergehenden ESD-Ereignis. Ironischerweise ist eine Zerstörung hier ein positives Ergebnis, da man dieses messtechnisch nachweisen kann. Öfter und auch gefährlicher sind latente Schäden, bei denen ein Bauelement nur degradiert wird.

Jedes beschädigte Bauteil verursacht Kosten, und je später ein Fehler entdeckt wird, desto teurer wird seine Behebung. Kommt es gar zu einem Produktausfall beim Kunden, steigen die Kosten ins Unermessliche; im schlimmsten Fall können auch Menschenleben gefährdet sein!

Entstehung

Da elektrostatische Ladungen hauptsächlich durch Reibung sowie Kontakt und Trennung entstehen, stellt der Mensch das größte Risikopotenzial für die hochsensible Elektronik dar.

Aufladung einer Person
Aufladung einer Person in Volt

Elektrostatische Aufladungen, die bei Bewegungen von Menschen entstehen, erzeugen Spannungen von bis zu einigen tausend Volt!

Innerhalb eines Arbeitsbereiches haben wir es meist mit verschiedensten Materialien zu tun. Je nach Position in der triboelektrischen Reihe können auch hier enorme Ladungen entstehen, wenn diese Materialien gegeneinander bewegt werden.

Als Beispiel kann die Reibung von Stretchfolie auf einem Kunststoffbehälter auch im Sommer Ladungen von 10.000 V und mehr produzieren. Besonders das Abziehen von „normalen“ Klebebändern kann enorme Ladungen hinterlassen. Der erhöhte Kraftschluss durch die Klebeeigenschaften des Bandes fördert hier die Entstehung von hohen Ladungen.

Aufgeladene Kunststoffteile können elektrostatische Ladungen sehr lange halten. Jede elektrostatische Ladung hat ein Feld, mit dem es Potentialverschiebungen in anderen Materialien verursachen kann. Diese Aufladungsvariante nennt man Influenz. Solange das influenzierende Feld vorhanden ist, kann es immer wieder zu ESD-Events kommen.

Minimierung

Wir können aufgrund der physikalischen Gesetze, denen wir alle unterliegen, die elektrostatische Aufladung nie ganz vermeiden. Es bleibt nur eine kontrollierte Minimierung der Effekte, um die Konsequenzen soweit wie möglich zu reduzieren.

In der Elektronikindustrie ist nach IEC 61340-5-1 stets die Bennennung eines ESD-Koordinators und die Einrichtung eines ESD-Kontroll-Programm-Planes gefordert. Dieser gewährleistet bei durchgehender Beachtung ein einheitliches elektrostatisches Potential und damit eine Vermeidung der Gefahr einer elektrostatischen Entladung.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Schulung des ESD-Koordinators durch zertifizierte Lerndienstleistungen und bei der Einrichtung Ihres ESD-Kontroll-Programm-Planes, der im Wesentlichen auf folgenden Grundregeln basiert:

  • Schulen Sie alle Mitarbeiter.
  • Vermeiden Sie isolierende Kunststoffe in der Arbeitsumgebung.
  • Erden Sie alle leitfähigen und ableitfähigen Produkte.
  • Prüfen Sie die implementierten Schutzprodukte regelmäßig.
  • Verpflichten Sie Ihre Kunden und Lieferanten auf die Einhaltung des ESD-Schutzes.

Historie

Schlüsselexperiement von Franklin
Das Schlüsselexperiement von Franklin

Die Geschichte der Elektrostatik oder der ruhenden elektrischen Ladungen birgt viele interessante Anekdoten.

Nicht zufällig leitet sich der Begriff „Elektrizität“ vom griechischen Wort „Elektron“ für „Bernstein“ ab. Ausgehend von ersten dokumentierten triboelektrischen Versuchen im Altertum durch Thales von Milet mittels Tierfellen, erlebte das Interesse im 13 Jahrhundert mit Petrus Peregrinus und im 18. Jahrhundert unter anderem mit Benjamin Franklin weitere Höhepunkte, die nicht nur unser heutiges Verständnis begründen, sondern auch unser tägliches Leben komfortabler gestalten.

Die Namen der Einheiten, mit denen wir heute die verschiedenen Kräfte und Phänomene beschreiben, leiten sich aus den Namen der Universalgelehrten ab, die durch teilweise absurd erscheinende Ideen wichtige Durchbrüche feiern konnten.

Da waren zum Beispiel:

  • die Experimente mit Mitteln des Schiffsbaus, die Ende des 18. Jahrhunderts Charles Augustin de Coulomb bei der Entwicklung des nach ihm benannten Gesetzes halfen.
  • Georg Simon Ohm, der es als Sohn eines Schlossermeisters aus Erlangen bis zum Professor für Experimentalphysik in München brachte.
  • der 3,65 m große Holzwürfel mit Kupferdrahtbespannung des Buchbindersohnes Michael Faraday über dessen Resultate wir uns heute bei jeder Autofahrt im Gewitter freuen.
Faradyscher Käfig
Faradyscher Käfig – Bild v. Antoine Taveneaux

Obwohl die Grundlagen lange beschrieben sind, sind die daraus resultierenden Möglichkeiten noch kaum absehbar. Die stete Miniaturisierung und Beschleunigung der alltäglichen Technik erlaubt uns bereits heute Messungen im Bereich von wenigen Angström und Effekte mit Geschwindigkeiten im Attosekundenbereich visualisieren und nutzen zu können.

Wir schauen bei aktuellen Forschungen neugierig auf die daraus resultierenden Entwicklungen und teilen interessante Entwicklungen in der ESD-Welt mit Ihnen.