ESD-Normen im Wandel – Ein risikobasierter Ansatz kommt!
Zeiten ändern sich – und damit auch der Blick auf ESD-Normen. Beim letzten Normungsmeeting der IEC TC101 Anfang Juli 2025 in München wurde deutlich: Die klassische „One-size-fits-all“-Strategie hat ausgedient – ein risikobasierter Ansatz steht im Fokus.
Gerade die Gespräche abseits der offiziellen Sitzungen in Neubiberg, waren aufschlussreich. Ein Zitat bringt es auf den Punkt: „Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.“
Von der Pflicht zur Verantwortung
In der Normungswelt gilt: Wer zertifiziert werden will, muss jedes „Muss“ der Norm vollständig umsetzen. Doch die Praxis zeigt: Normkonformität bedeutet nicht automatisch optimalen Schutz.
Ein Beispiel: Die Norm IEC 61340-5-1 gilt nur für Bauteile mit einer Empfindlichkeit ab 100 V/HBM bzw. 200 V/CDM. Doch was ist, wenn Ihre Komponenten empfindlicher sind? Dann reicht die Norm alleine nicht aus – mehr Schutz ist notwendig. Umgekehrt: Bei robusteren Bauteilen stellt sich die Frage, ob jeder Grenzwert sklavisch eingehalten werden muss. Technisch gesehen wäre oft auch weniger ausreichend. Hier stellt sich die Frage: Ab welcher Empfindlichkeitsschwelle ist ein Leben ohne Handgelenksband möglich?

Individuelle Anpassung statt starrer Vorgaben
Jetzt können Sie dem risikobasiertem Ansatz folgen. Die Antwort lautet: Tailoring – also die risikobasierte Anpassung. Natürlich müssen alle „Muss“-Anforderungen der Norm berücksichtigt werden. Aber: Die Umsetzung darf flexibel erfolgen – orientiert am realen Risiko.
Die neue Norm IEC 61340-5-6 bietet erstmals einen Rahmen für ein systematisches Process Assessment. Damit können Sie:
- Risiken in Ihrer Organisation identifizieren,
- den Evaluationsprozess dokumentieren und
- den ESD-Schutzlevel an Ihre tatsächlichen Anforderungen anpassen.